Optrel – Ein Lehrstück über Unternehmergeist

staufen magazine 2024 | No. 7 | Optrel

Der Umsatz des 100 Personen starken Unternehmens wächst. Und zwar sehr konsequent. Was macht dieses Unternehmen richtig? Auf den ersten Blick scheint die Antwort auf der Hand zu liegen. Schaut man sich die Website an, so strotzt sie vor Berichten über innovative Technologien. Optrel ist offenkundig ein Unternehmen, das sich nicht mit den Grenzen des Machbaren zufrieden gibt. Doch tatsächlich ist das nur ein Aspekt – wenn auch ein grundlegender –, der den Erfolg von Optrel ausmacht.

Um diesem Erfolg auf den Grund zu gehen, lohnt sich ein Blick in die jüngere Unternehmenshistorie.

Auf den Spuren einer einzigartigen Erfolgsgeschichte:
Optrels vier meilensteine

Meilenstein 1:

Ein inhabergeführtes Unternehmen

Die Geschichte von Optrel teilt sich in eine Zeit vor und nach 2010. Denn in diesem Jahr wechselt die Eigentümerschaft von einem französischen Arbeitsschutzkonzern hin zu den Gebrüdern Koch, die seither die Geschicke des Unternehmens lenken. Optrel ist nun nicht mehr ein Unternehmen von vielen, sondern wird zum Herzensprojekt von engagierten Führungs-personen, die mit unternehmerischem Gespür, angemessener Risikobereitschaft und der nötigen Sensibilität für die Bedarfe der Organisation Optrel weiterentwickeln.

Meilenstein 2:

Der Beginn einer zukunftsweisenden Partnerschaft

Mit dem klaren Ziel, den globalen Markt zu erobern, beginnen die Gebrüder Koch gemeinsam mit Peter Eicher, CSO von Optrel, und Jürg Hodel, Geschäftsführer von Staufen.Inova, das Unternehmen Schritt für Schritt zu transformieren.

So wird beispielsweise 2013 der gesamte End-to-End-Wertstrom, von der Bestellung bis zum Versand, auf Lean umgestellt. In nur zwei Monaten! Ein Erfolgsfaktor dabei: die partner-schaftliche Zusammenarbeit auf Augenhöhe zwischen Optrel und Staufen.Inova.

Meilenstein 3:

Unternehmerische Größe -Verantwortung abgeben

Selbstkritisch erkennt Marco Koch, dass er und Peter Eicher zu viel Verantwortung im Unternehmen tragen. Würde einer von ihnen ausfallen, wäre die Organisation lahmgelegt. Gemeinsam mit Staufen.Inova wird das Projekt „OE für Wachstum“ gestartet mit dem Ziel, die Verantwortung breiter abzustützen und junge Führungskräfte aufzubauen: Die Geschäfts-leitung wird erweitert und die Geschäfts-prozesse werden in das Zentrum allen Handelns gestellt.

Meilenstein 4:

Systemwechsel – ein B2B-Unternehmen erobert den B2C-Markt

„Seit acht Jahren hatten wir die Idee im Kopf, den automatischen Blendschutz, den wir in Schweißhelmen verbauen, in den Sport zu bringen“, erklärt Patrick McDermott, CEO von React, der 2022 gegründeten B2C-Tochter von Optrel. Jahrelang entwickeln sie die Blendschutztechnologie weiter, bis mit „Shade Tronic“ der Durchbruch gelingt: Die automatische Adaptierung der Tönung innerhalb von Hundertstelsekunden wird in der Größe einer Sportbrille möglich. Doch dieses Glanzstück an Ingenieurskunst allein macht noch nicht den Erfolg aus, ein offener Blick für das Umfeld und die passende Strategie sind ebenso bedeutsam. So entscheidet sich das Unternehmen beispielsweise dafür, mit „React“ eine neue Marke zu gründen, anstatt die Marke „Optrel“ in den Sportbereich zu überführen.


Diese vier Meilensteine stehen exemplarisch für viele weitere mutige Entscheidungen und entschlossene Projekte.

Doch wie kann man sich auf diesen Pfad begeben?
Was hat es auf sich mit dem einzigartigen Pioniergeist von Optrel?

Die folgenden Interviews geben Antworten auf diese Fragen.

Unsere Gesprächspartner

Peter Eicher

Chief Sales Officer

Optrel AG

Patrick McDermott

CEO

optrel sports AG

Jürg Hodel

Managing Director

STAUFEN.INOVA AG

Ist erfolg operationalisierbar?

Im Interview mit Peter Eicher und Jürg Hodel versuchen wir herauszuarbeiten, welche Aspekte den Erfolg von Optrel ausmachen und was andere davon lernen können.

Was macht den Erfolg von Optrel im Kern aus,
Herr Eicher?

Peter Eicher: Die Kernelemente, die unsere Unternehmung erfolgreich machen, sind: Dinge anders machen, Dinge hinterfragen, Dinge optimieren oder eben ganz neue Ansätze wählen. Dafür investieren wir kontinuierlich in Forschung und Entwicklung. Ebenso wichtig ist eine große Portion Pioniergeist, Mut, die Fähigkeit, sich und das eigene Handeln infrage zu stellen, ein hohes Maß an Agilität und Beharrlichkeit.

Was ist aus Ihrer Sicht die Grundlage für Forschung und Entwicklung?

Peter Eicher: Wir sind nahe am Markt und somit an unseren Kund*innen. Das heißt, als Hersteller haben wir unsere eigenen Vertriebsleute in den Märkten. Darüber kommen viele Inputs – also Aspekte für Verbesserungen oder gar für neue Produkte oder
Anwendungen. Hier ist dann die Kreativität und Innovationskraft unserer R&D entscheidend. Sie findet für die Erfüllung von Kundenbedürfnissen immer wieder neue Lösungen, die unsere Produkte so einzigartig und Optrel zum unbestrittenen Technologieführer machen.

Wie schaffen Sie eine Kultur, in der jede*r Ideen
einbringt?


Peter Eicher: Möglichst flache Hierarchien – Arbeiten auf Augenhöhe, kurze Entscheidungswege, Eigenverantwortung und Teamspirit, jeder ist gleich viel wert, gleich wichtig, es braucht jeden. Das sind elementare kulturelle Aspekte bei uns.

Herr Hodel, auf was muss ein „kleines“ Unternehmen achten, wenn es zum globalen Player aufsteigen möchte?

Jürg Hodel: Im Grunde sollte man sechs Punkte beachten:

  1. Ein klares Zielbild definieren (mittel- und langfristig),
  2. aus dem Zielbild eine klare Strategie ableiten und konkrete, messbare Maßnahmen definieren,
  3. die Maßnahmen auf eine Zeitachse stellen, immer wieder im Kontext des Umfeldes überprüfen/anpassen und dabei den Fokus nicht verlieren,
  4. vorgehen mit unternehmerischem Gespür, einer gewissen unternehmerischen Risikobereitschaft und der Sensibilität dafür, was die Organisation verträgt,
  5. dabei die Mitarbeitenden einbeziehen und in der Veränderung unterstützen,
  6. und natürlich: mit Expert*innen zusammenarbeiten, denen man vertrauen kann.

Das Unternehmen

Das 1986 gegründete Unternehmen Optrel mit Sitz in Wattwil in der Schweiz ist heute einer der weltweit führenden Anbieter von Blend- und Kopfschutzprodukten, Atemschutzlösungen und aktiven Sonnenbrillen. Dieser Erfolgskurs begann 2010, als Optrel – nach vielen Jahren in Konzernbesitz – wieder in private
Hand überging. Seither steigerte die Organisation ihren Umsatz um 300 Prozent.

1986

Gründungsjahr

100

Mitarbeitende

DER WEG VOM B2B-UNTERNEHMEN IN DIE HERZEN DER KONSUMENT*INNEN

Patrick McDermott, CEO von React, der B2C-Tochter von Optrel, erzählt im Interview, was aus seiner Sicht wichtig ist, wenn ein B2B-Unternehmen den großen Schritt in die Welt der Endkunden wagen möchte.

Herr McDermott, wie können sich B2B-Unternehmen erfolgreich den B2C-Markt erschließen?

Patrick McDermott: An oberster Stelle steht natürlich die zündende Idee für einen Technologietransfer von B2B zu B2C. Dann braucht es Beharrlichkeit: Der Gründung von React gingen immerhin acht Jahre Forschungs- und Entwicklungsarbeit voraus. Anschließend gilt es, mutig und offen einen eigenen Weg zu finden. Wenn man davon überzeugt ist, dass es sich lohnt, in einen anderen Markt zu gehen, dann muss man sich von der einen Welt verabschieden können, um sich auf die andere einzulassen. Das ist eine Voraussetzung.

Dario Cologna, vierfacher Olympiasieger

Was meinen Sie damit?

Patrick McDermott: Erstens: Viele Unternehmen lieben ihre Marke. Sie sind mit ihr großgeworden und denken, man könnte sie unverändert in einen komplett neuen, anders gelagerten Markt überführen. Da muss
man selbstkritisch genug sein und sich fragen: Ist die Marke passend für ein neues Geschäftsfeld? Passen die verschiedenen Sektoren unter ein Markendach oder braucht es eine neue Marke?
Wir sind froh, letzteren Weg gegangen zu sein.

Und zweitens?

Patrick McDermott: Wenn alles entschieden und die neue Marke entwickelt ist, gilt es auch für die Organisation dahinter, einen unabhängigen Weg zu
finden. Zum Beispiel ist es nicht sinnvoll, zu versuchen, bestehende Vertriebsmitarbeiter in eine neue Welt zu überführen. Am besten holt man sich für die neue Marke neue Leute ins Boot, die Expert*innen in dem neuen Geschäftsfeld sind und dafür brennen.

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